Samstag, 13. Oktober 2012

Asiatischer Drill, Disziplin oder Fleiß

Ich sprach gerade über die asiatische Rücksicht, doch die kommt nicht von ungefähr oder wie heißt es so schön: so 'was kommt von so 'was!

Ich staune immer über die Schriftzeichen in Japan.  Ich frage mich immer, wie es möglich ist die Schriftzeichen so schnell auseinander zu halten.  Die Schriftbänder auf allen möglichen Bildschirmen und Anzeigen laufen so schnell wie bei uns mit den lateinischen Buchstaben, doch die Komplexität der Zeichen ist für mich phantastisch.  Hier ein Haken, Strich, Punkt mehr oder weniger und es hat eine andere Bedeutung.  Die japanische Schrift besteht darüber hinaus aus verschiedenen Zeichensätzen, mal einfacher, mal komplizierter, aber da sie gemischt angewendet werden, für mich undurchschaubar.  

Da komme ich zur Disziplin.  Diese Schriften zu lernen erfordert harte Disziplin und eine ganze Schulzeit.  Am Ende der Schulzeit sollten 1500 verschiedenen Buchstaben beherrscht werden.  Wenn ich an meine Schulzeit  denke und an die sogenannte Ganzheitsmethode wird mir übel.  Ich bedauere zu Tiefs, nicht gedrillt worden zu sein...nein, auswendig lernen wurde als Zeitverschwendung abgetan.  Vokabel pauken waren maximal notwendiges Übel, doch hier ist pauken und auswendig lernen unabdingbare Voraussetzung für das ganze Leben. Ich stehe immer wie ein Analphabet vor den japanischen Automaten und bin auf die hoffentlich vorhandenen lateinischen Schriftzeichen angewiesen, da spüre ich erst einmal wie sich ein Analphabet fühlen muss.

Es geht hier in Japan also nichts ohne Disziplin und Fleiß und der wird eingefordert mit Autorität und Rücksicht...so schließt sich der Kreis.  Meine Ingenieure im Büro bestätigen, dass sie sogar in der Studienzeit immer wieder zusätzliche Schriftzeichen lernen mussten, um die Lerninhalte zu verstehen.  Welche Gnade für uns, mit 26 Buchstaben lesen lernen zu können!  

Allerdings hat das asiatische System auch viele Schattenseiten, während wir uns schnell kreativ mit Inhalten  beschäftigen können, arbeiten asiatische  Schüler noch an der Struktur und den Wörtern. Das ist aber nur ein Vorteil, wenn wir gewonnen Freiheit mit Fleiß, Disziplin und Drill nutzen.  Ich werde das Gefühl nicht los, dass mindestens zwei Generationen diese Chancen vertan haben und schließe mich da ein.  Im Arbeitsaufwand verglichen mit asiatischen Schülern, hätten noch zwei weitere Fremdsprachen und mindestens die Beherrschung eines Musikinstrumentes drin sein müssen.  

So bleibt mir nun ohne Bedauern nur die Möglichkeit mein kleines bisschen Leben so gut wie möglich zu genießen :-)) und zu hoffen, dass es doch noch ein paar ehrgeizige Streberlein  gibt, die für meine Rente arbeiten.  

Tokyo Metro/U-Bahn

Gestern ging meine Reise in Tokyo zu Ende.  Das kurze Erbeben, was durch die Nachrichten ging weil während der Podiumsdiskussion anlässlich der IMF Conference in Tokyo zwischen Schäuble und Lagarde nicht nur die Ansichten sondern auch die Erde wackelten, nahm ich mal wieder NICHT wahr.  Ich war zu dem Zeitpunkt in Ginza auf der Straße spazieren bevor es dann mit der Metro zum Flughafen gehen sollte.

Wir hatten vorher genaue Anweisung bekommen von wo welcher Zug der U-Bahn nach Narita zum Flughafen fahren sollte und wo und wir den bekommen.  Ganz ohne Anweisung hätte es nicht geklappt.  Zu gut 80% ist zwar alles auch Englisch beschriftet und auch der Automat ist lesbar, doch mit den verbleibenden 20% lässt es sich immer noch grandios scheitern.  Uns wurde gesagt, dass der Express-Zug zum Flughafen Narita um 18:03h abfährt.  Gut, dass wir NICHT den Zug um 17:xx schon nahmen, auf dem 'Narita' stand.  Zum dem Zeitpunkt konnten wir nur vermuten, dass es einen Unterschied geben kann.  Es war nicht ersichtlich und richtig um 18:03h hieß das Ziel des Zuges Airport Narita.  
Preussische Pünktlichkeit, auf die Minute!!! 

Ok, dass war geschafft, wir saßen in der richtigen Metro und nun ging es lange 105 Minuten in der U-Bahn zum Flughafen. Wir hatten noch einen Sitzplatz und Platz für die Koffer gefunden, doch schnell füllte sich der Zug mit Angestellten die vom Büro nach Hause wollten, mit Schulkindern, die einen langen Schultag hinter sich haben mussten und weiteren Passagieren. Es war eng. Es ruckelte. Die Klimaanlage funktionierte Gott sei dank gut, doch ich fror. Menschen stiegen ein, aus...es war ruhig. Man las! Geschätzte zwei Drittel der Passagiere hatten etwas zu lesen in der Hand, meistens Taschenbücher, denn für Zeitungen wäre es zu eng gewesen. Oder man lass auch auf den Smart-Phones und iPads oder man hörte damit Musik. Es war ruhig! Der Rest der Menschen Schlief, im Stehen oder Sitzen. Eine Pendelzeit zur Arbeit morgens und abends von 1 bis sogar 2 Stunden sind nicht ungewöhnlich. Damit das geht und erträglich ist, nehmen die Japaner sehr viel Rücksicht aufeinander. Ist man erkältet oder hat nur einen Anflug von Schnupfen, zieht man sich einen Mundschutz über, um die Mitmenschen zu schützen. Lautes schniefen ...geht gar nicht, lautes telefonieren - selbstredend, geht auch nicht.
Auf der vorletzten Station leerte sich der Zug und in unserm Waggon waren wir plötzlich alleine.  Wir sahen durch den Zug, von Anfang bis Ende.  Wir ('ordentlichen' Deutschen) schauten uns an und waren sprachlos.  Der Zug wurde nach einem langen Tag im Einsatz blitzblank hinterlassen:  kein Dreck, nicht eine zurückgelassene Zeitung, kein Prospekt oder Fitzelchen Papier, keine Essensreste, keine Getränkedose oder durch den Zug kullernde Flasche.  Der Zug sah aus, als käme er morgens aus dem Depot, gepflegt, sauber, ohne Graffitis oder Scratches auf den Scheiben.  Rücksicht ist das Zauberwort.  Es ist also möglich und kein bloßer Traum aus längst vergangenen Tagen. Selbstverwirklichung und Individualismus ist auch möglich wie ich an den schrillen Outfits oft in Japan gesehen habe, doch nicht zu Lasten Anderer.  Wie bekomme ich, bekommen wir die Botschaft an unsere Mitbürger in Deutschland?   Helft mir!

Dubai, Wetter vormittags sonnig 35°C, nachmittags bedeckt -4°C


Das aktuelle Wetter ist auf der ganzen Welt ein Thema.  Bei uns ist es sehr veränderlich und auch nie richtig.  Regnet es mal mehr als 2 Tage heißt es, dass es immer nur regnet und man die Sonne schon gar nicht mehr kennt.  Ist die Sonne da und das Thermometer steigt mal über drei Tage über 30°, stöhnt jeder über die Hitze und ist es nur mal grau und so la la mag man es auch nicht.   

Anfang der Woche war ich mal wieder auf Stop-over in Dubai und mir wurde bewußt, was kontinuierlich blauer Himmel und Sonne mit den Menschen macht. Es ist so heiß, dass man sich nur in klimatisierten Bereichen aufhält.  Das Auto, die Hotels,die Häuser, die Metro, ja selbst die Bushaltestellen sind klimatisiert und man weicht der Sonne und Hitze aus, wenn man nicht gerade aus Mitteleuropa oder England kommt, um sich am Pool krebsrot verbrennen zu lassen. 

Wie ich in meinem engeren Umfeld erleben musste leiden die ständigen Bewohner dieser heißen Regionen häufig an einer Sommerdepression.  Man bewegt sich nur noch in dunklen, Räumen und im Schatten und erfreut sich an dem, was man normal nicht hat:
Nach diversen Meetings in künstlich beleuchten Räumen ohne Kontakt zur Aussenwelt gingen wir am Dienstag zum Essen. Wir verließen das Gebäude und standen im gleißenden Sonnenlicht bei 35°C und huschten nur schnell ins völlig überhitze Auto um dort schnell das Innere auf 18°C runter zu kühlen. Wir fuhren zur Dubai Mall, einer der ersten großen Shopping-Malls in Dubai. Das Auto wurde im Parkhaus geparkt und es ging durch die kühle, künstlich beleuchte Mall zum Restaurant, kühl und schummrig beleuchtet und mit außergewöhnlichem Ausblick durch die großen Panoramafenster am Ende des Raums:


Wir schauten auf die Skipiste von Dubai.  Die Menschen flohen vor der Hitze und waren in einer künstlichen Winterwelt bei -4°C, künstlichem Licht, Schnee, Tannen und Bergpanorama.  Ob mit Burka, weißen Gewändern oder in Jeans, die meisten trugen knielange uniforme Daunenmäntel oder versuchten sich auf der Piste mit Skiern oder Schlitten, selbst mit langen Gewändern.  Kinder spielten im Schnee und erfreuten sich an der kühlen Abwechslung. 

Ähnlich habe ich es kürzlich in Deutschland erlebt mit einem Kollegen und Freund aus Indien.  Als ich ihn traf, es regnet gerade mal wieder bei 18°C draußen und es war ein grauen Spätsommertag, sagte er hocherfreut, 'was für ein tolles Wetter,  endlich kann ich mal wieder richtig die kühle feuchte Luft durchatmen'.  Also alles nur Ansichtsache!

Was uns also überall anzieht, ist dass was wir normal gerade nicht haben können.   So gesehen freue ich mich dann doch über unsere Jahreszeiten, wir haben den Wechsel und die Vielfalt, was mir in Dubai wieder klar wurde, ständige Sonne und Hitze sind mal schön zur Abwechslung, doch dann reicht's auch.