Freitag, 6. Juli 2012

Liebenswerte Unschuld

Meine erste Indienreise ist schon zwei Jahrzehnte her, doch Vieles hat sich nicht geändert.  Damals führte ich eine Seminar mit Ingenieuren in einem guten Hotel durch, es war kurz vor MIttag und im Anschluss an das Seminar gab es Buffet im Hotel.  Leichte indische Kost, Reis, Köstlichkeiten in dicken scharfen Soßen.  Man stand herum und führte während des Essens small talk sowie Fachgespräche über die Arbeit, Indien, Deutschland und die Welt.  In einem guten Hotel wird natürlich auch Besteck zum Essen ausgelegt und Servierten, doch was kümmerts einen Inder, er hat doch die Finger der rechten Hand.  Damit bekommt man auch dicke Soßen mit Reis zu kleinen Bällchen geformt und in den Mund befördert.  Das geht auch lächelend und geräuschvoll denn so es ist normal - der Hotelstandard ist mein europäischer Standard aber nicht der indische Standard.  Für mich sah das erstmal befremdlich aus und nicht ganz appetilich.  Doch ein Lächeln der Inder, ein dankeschön und die hingereichte ausgestreckte rechte, von Reis-und Soßenresten sauber gelutschte Hand zum Abschluss zeigten deutlich, dass ich ein Problem hatte.  Das ist die liebenswerte Unschuld, die Inder blieben sich treu und wollten mir vermeintlich höfflich entgegen kommen.

So musste ich heute wieder grinsen, als mir die Geschichte wieder am Mittagstisch einfiel.  Zusammen mit 6 Indern an einem Tisch, es wurde geteilt, was aufgetischt war und 2 von 6 Kollegen aßen selbstverständlich mit den Fingern, als mein Kollege zur Rechten sie vorsichtig maßregelte indem er ihnen dass Besteck reichte.  Da war er dann wieder, der liebenswert unschuldige Blick mit der Frage in den Augen "Wozu?" Ein Europäer ist am Tisch war die stumme Aufforderung und ich hörte mich sagen "wozu!" 

1 Kommentar:

  1. Namaste: Ja ,so ist es andere Länder andere Sitten, mal mit Stäbchen,mal mit Besteck,mal nur mit Gabeln,das Messer hat man vorher schon benutzt,mal nur mit Löffeln z.B. im Knast und in der Psychiatrie,aber immer mehr auch hier in den Mittagspausen per Hand Döner und Big Mäc solange bis die Klamotten versaut sind. Kaffee trinkt man aus Pappbechern,möglichst auf der Straße und in der Bahn, mit Bierflaschen durch die Stadt laufen ist cool.Wo ist da noch Ess- und Tischkultur?
    Da lob ich mir die Menschen,die ihre Esskultur bei behalten auch wenn Ausländer am Tisch sitzen.

    AntwortenLöschen